Hallo zusammen,
Frank hat Recht:
Es hat keine Rückrufaktion für das Problem gegeben, sondern in der Tat nur zwei zeitlich beschränkte
Serviceaktionen, die bei auftretenden Problemen eine kostenlose Reparatur ermöglichten. Meines Wissens galten diese aber auch nie für das "Gesamtpaket", sondern nur für die Steuerkettenspannner und die Steuerkette vorne. Alles darüber hinsaus war schon immer eine Einzelfallentscheidung des Werks.
@VT:
> Ich denke, dass das Steuerkettenproblem mehr und mehr zu einer für
> die XP II-Existenz bedrohlichen Erscheinung werden wird. (...)
Mit diesem Beitrag, der ja etwas länger ist als hier zitiert, hast Du den Nagel m.E. auf den Kopf getroffen. Ich habe mal irgendwo geschrieben, dass man mit einem gebrauchten Explorer für ein paar tausend Euro gleichermaßen ein gepflegtes,
tadelloses Schnäppchen oder einen technischen Totalschaden erwerben kann - der Unterschied ist nach einer professionellen Gebrauchtwagenaufbereitung für den Laien nicht zu sehen. Hier hilft nur, sorgfältigst mit Hilfe von Checklisten u.ä. vorzugehen - und natürlich auch eine Garantie (und hoffentlich entdeckt man die Mängel in der Garantiezeit).
Ein Kauf "von privat" beinhaltet also finanzielles Risiko bis zur Höhe des Kaufpreises (bzw. darüber hinaus, wenn man sich vom neuen Auto nicht wieder trennen will).
Das gilt allerdings nicht nur für den Ford Explorer.
Zahlreiche ältere Fahrzeuge der Oberklasse (also mit viel teurer Technik) können ähnliche "Fallgruben" aufweisen wie die Steuerkettenthematik am Explorer (man denke nur an die stufenlosen Automatikgetriebe bei Audi, die lt. Auto Bild alle 40.000 km für 10.000 Euro abrauchen - die Kulanzregelungen bei anderen Marken sind auch nicht besser als bei Ford, eher höre ich das Gegenteil). Nicht zuletzt
wegen der hohen Reparaturkosten-Risiken werden ältere Oberklasseautos zu niedrigen Preisen gehandelt bzw. von Händlern nur ungern verkauft.
Zurück zur Steuerkette beim Explorer:
Man kann natürlich langsam auch davon ausgehen, dass bald alle Autos einmal betroffen gewesen sind, also neue Spanner und z.T. auch neue Steuerketten haben.
Ein älterer SOHC-Explorer mit sehr niedriger Fahrleistung (also das scheinbare Schnäppchen aus Rentnerhand) stellt die größte Gefahr dar, wenn der Käufer noch nichts am Motor hat unternehmen lassen und auch unklar ist, ob seine Werkstatt von sich aus z.B. die Spanner getauscht hat. Explorer mit höhreren Fahrleistungen haben entweder schon etwas getauscht bekommen (das müsste der Besitzer eigentlich wissen!) oder rasseln bei der Probefahrt.
Es stellt sich einem Käufer natürlich die Frage,
was konkret am einzelnen Fahrzeug gemacht wurde und ob es für immer hält. Man muss damit rechnen, unklare Aussagen zu bekommen. Die bei Dir und Kalle46 durchgeführte "Totaloperation" dürfte jedenfalls die optimale (und zugleich eher seltene) Lösung sein.
Man kann jedem Explorer-Interessenten nur raten, sich mit Informationen zu bewaffnen, den Explorer mit Garantie vom Händler zu kaufen - oder den privaten Verkäufer genau unter die Lupe zu nehmen und ihn ein Loch in den Bauch zu fragen. Den Rest muss die Probefahrt ergeben. Ein Restrisiko lässt sich leider nicht ausschließen.
Vorsicht vor Explorern, die in kurzer Zeit scheinbar grundlos durch mehrere Hände gegangen sind!
@Kalle46:
> Ein Grund für den
> Explorer (mein zweiter; habe ich das schon erwähnt?; Nr. 1 war Bj.
> 1994) war meine Einschätzung, dass der Motor grundeinfach und solide,
> nicht überzüchtet und auch nicht "übertechnisiert" ist - da hätte ich mit
> einem solchen Defekt bei quasi der halben Lebensdauer des Motors
> nicht gerechnet.
Das Bild der "soliden, aber simplen US-Technik" passt auf die modernen Explorer meines Erachtens nicht besonders gut. Zum Verkaufsstart des Explorer ´95 galt dieser als modernster SUV seiner Klasse - sogar in der deutschen Automobilpresse. Damals war das noch möglich - schließlich gab es keinen VW, keinen Mercedes und keinen BMW, dem man mit dieser Feststellung hätte weh tun können...
Der Motor aus Köln
basiert zwar auf einer sehr alten, bewährten Konstruktion - er ist aber in mehreren Schritten so stark modernisiert worden, dass er auch heute keinen Vergleich zum Wettbewerb scheuen braucht - und zur angesprochenen "Übertechnisierung" fehlen eigentlich nur noch wenige Schritte... Gleiches gilt auch für das Getriebe aus Bordeaux.
Glaube mir, auch ich wünsche mir manchmal etwas weniger Technik und etwas mehr Haltbarkeit - vor allem dann, wenn ich wieder auf einer Reparaturrechnung sitze
> Jenseits dessen bin ich "technisch" ein wenig enttäuscht: Eine
> Steuerkettenkonstruktion ist ja nun wirklich nichts Neues und wird
> schon jahrzehntelang im Motorenbau verwendet.
Das ist ein interessantes Thema.
Erstaunlicherweise haben die Automobilhersteller in den vergangenen Jahrzehnten die verschiedensten Techniken ausprobiert, ohne zu einer optimalen Lösung zu kommen, denn Probleme mit Zahnriemen und Steuerketten sind leider bei verschiedenen Marken und Autos noch immer Alltag.
Ford hatte in den 60er Jahren begonnen, die V6-Motoren mit Stirnrädern auszurüsten (also mit Zahnrädern). Am Anfang machte die Lösung Probleme, weil das Material der Stirnräder schnell alterte. Man bekam diese Probleme durch optimiertes Material aber in den Griff - am Ende hatten die Stirnräder einen schlechten Ruf, waren aber nicht auffälliger als andere Lösungen. Mein 76er Granada fährt noch immer mit den ersten Stirnrädern umher und wird das auch noch lange tun. Stirnräder haben den Nachteil, dass sie nur einsetzbar sind, wenn die beiden zu verbindenden Wellen nah beieinander liegen.
Bei den Ford-V6-Motoren wurden die Stirnräder erst 1987 mit dem 2.9i-V6 durch völlig unauffällige Steuerketten abgelöst. Diese Technik wurde mit dem BOA-Cosworth-Motor im Scorpio 24V (mit obenliegenden Nockenwellen) verkompliziert, aber auch ohne Probleme. Dann startete 1995 der BOB-Cosworth-Motor im Scorpio 24V mit umkonstruierten Steuerketten - zwei Simplex- statt eine Duplexkette) und bei diesen Motoren reissen die Steuerketten (= Totalschaden).
Dem SOHC-Motor im Explorer wurde ab 1997 zum Verhängnis, dass man offenbar die Kettenspanner fehlkonstruiert hat. Alles andere sind nach meiner Kenntnis Folgeschäden aus nicht funktionierenden Kettenspannern.
Ach so: Zwischendurch hatte Ford auch mit Zahnriemen gearbeitet, z.B. beim 2.0-OHC-Motor, im Einsatz im Ford Consul 1972 bis zum Scorpio 1989! Völlig ohne Probleme - beim Escort-CVH-Motor von 1980 bis... hingegen flogen dem Ford-Fahrer die Zahnriemen nur so um die Ohren. Im ZETEC-16V-Motor hingegen sind Zahnriemen wieder kein Problem.
Da bringe mal einer eine Regel rein...
